Das Team des Hohenfelser BurgtheatersAuch wenn Erfolgsautor Ralph Wallner die Handlung in die Zeit vor Mobiltelefon und Computer zurückverlegt hat, ist die „Verhexte Hex“ trotzdem immer aktuell. Denn sie handelt von der Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem nichtehelichen Kind. Dieses Thema verknüpt er geschickt mit weiteren Nebenthemen wie „Reich und Arm“, „Kirche und Hexen“ und die „Leichtgläubigkeit der Menschen“. So erhält das Bühnenspiel immer wieder neue überraschende Wendungen und Verwicklungen bis es schließlich zum offenen Schluss doch so scheint, als ob alles gut ausgehen würde.

In der wohl textintensivsten Hauptrolle seit Bestehen des Burgtheaters überzeugte Angelika Straka, deren großartige schauspielerische Leistung in jeder Vorstellung mit einem tosenden Schlussapplaus gewürdigt wurde. Sie lebt als Buckl-Walli einsam und zurückgezogen in ihrer Waldhütte. Mit Tobias Boßle war die zweitgrößte Rolle mit einem Bühnenneuling besetzt worden, der aber den Part des jungen Lorenz souverän und vielversprechend präsentierte. Robert Neumeier glänzte als ruhiger, besonnener, aber auch kämpferischer Pfarrer Johannes, der sich zuletzt als Buckl-Walli’s Bruder entpuppte und im Beichtgespräch mit ihr noch eine hübsche junge Nichte als Zugabe erhielt. Anfangs ist Buckl-Walli über den „neuen“ Bruder nicht sonderlich erfreut, sondern fragt sich, „was die Leut wohl dazu sagen werden und wieso sie auf einmal jetzt trotz Hexe eine Seele haben solle.“
 
Lorenz’s geldgieriges und streitbares Elternpaar ist mit Petra Neumeier und Udo Klösel bestens besetzt; sie übertrumpfen sich gegenseitig in ihrer cholerisch aufbrausenden Art und schrecken nicht einmal vor der Enterbung ihres einzigen Sohnes zurück, falls dieser sich gegen ihren Willen für das arme Findelkind namens Burgl entscheiden sollte. Marie-Theres Neumeier prägt diese Rolle überzeugend und hat die Lacher auf ihrer Seite, als sie fragt, ob man ihre Jungfräulichkeit an den Zehennägeln erkennen könne. Ihr persönliches Drama erlebt sie mit ihrer vermeintlichen Schwangerschaft, bei der nicht einmal die Buckl-Walli mehr helfen konnte und die sich zum Glück einen Akt später nur als eine harmlose Magenverstimmung herausstellt. Doch zuvor muss sie sich nicht gentlemanlike von ihrem erbosten Exfreund Lorenz als Dorfflitscherl und scheinheilige Burgl beschimpfen lassen. Und dies alles, nachdem das Trio aus Buckl-Walli, Burgl und Lorenz eine nahezu perfekte Wundererscheinung inszeniert hatten.
 
„Schade, dass du nicht blöd bist“, meinte Buckl-Walli im Zwiegespräch mit dem armen Kilian; seine Rolle des schüchternen, zurückhaltenden, mißerntegeplagten Kartoffelbauern verkörpert Franz Weigert eindrucksvoll. Er glaubt zwar, „ein schlauer Vater zu sein“, ist aber der Raffinesse seiner Tochter nicht gewachsen und lebt und denkt deutlich in Standesunterschieden wie auch die Bichlbauern. Daher ist für ihn der Lorenz keine Partie für sein Mädchen. Ihn kümmern mehr die heuer nur schussergroßen Kartoffelchen und er hofft auf ein Wunder, zumal ihm auch der Bürgermeister Bichlbauer mit der Zahlung der Gemeindesteuer massiv unter Druck setzt.
 
Probleme mit „Schussern“ hat auch die Moserin, liebevoll von Barbara Reisinger dargestellt. Sie reduziert mangels Fremdwortkenntnis die Hämorriden ihres Schwiegervaters auf die „Schusser am Arsch“. Gut, sie ist nicht die klügste und glaubt wohl auch bis zum Schluss, dass man mit einem „Hexen“-Besen fliegen kann. Ihre mangelnde Intelligenz wird nur noch von der Kauerin getoppt, die die bestens aufgelegte Ulrike Walter spielt. Dieses urkomische Duo muss man einfach gesehen haben. Auch wenn die Kauerin noch nie „pfeifen“ konnte, hilft ihr die Anstrengung durchaus, ihre Verstopfung in den Griff zu kriegen.
 
Schließlich lösen sich zum Schluss die Verwicklungen auf. Das Wunder, dass sich Kilian eigentlich so nicht gewünscht hat, bringt ihm eine schwefelhaltige Geldquelle, die ihn von allen finanziellen Sorgen befreit. Der zu erwartende Geldzuwachs lässt auch die Bichlbauer-Eltern umdenken und sie nehmen ihre zukünftige Schwiegertochter Burgl in den Arm. Natürlich dürfen bei der Verlobungsfeier im eigenen Wirtshaus auch die beiden neugierigen Nachbarinnen nicht fehlen. Und Pfarrer Johannes verspricht seiner Schwester, ein paar Mal von der Kanzel über „diese Hexe im Wald“ zu wettern. Dann würden schon wieder alte und neue Kunden ihre Hilfe in Anspruch nehmen.
 
Zuletzt verabschieden sich die Jungverliebten von der Buckl-Walli, weil sie vielleicht doch, obwohl sie nicht hexen kann, etwas positives bewirkt hat. In der Schlussszene kommt Burgl noch einmal allein zurück und spricht mögliche Mutter-Tochter-Gefühle zwischen ihr und Buckl-Walli an. Doch die erfahrene, weise Frau fürchtet das Getratsche der Mitmenschen und tut es als die Gefühle einer alternden Frau ab. Unsicher verlässt ihre Tochter sie und geht zur Feier. Schließlich erkennt Walli, was für ein Rindvieh sie sei, dass auch ihr Kater Fidibus eigentlich gar nicht vorhanden sei und dass sie wieder unter die Leute gehen müsse. „Wart Burgl“, ruft sie Burgl nach, „wir müssen uns doch unterhalten.“
 
Die Szene spielt auf einer romantischen Waldlichtung. Angeschmiegt an einen riesigen Felsen steht inmitten von echten Bäumen die einfache Behausung der Buckl-Walli. Die Idee ist von Günther Härtl federführend so umgesetzt worden, dass sich die Zuschauer mitten in die Natur versetzt fühlten und das Erlebnis des großartigen Bühnenbildes mit Bewunderung und Beifall quittierten. Erstmals als Souffleur saß Thomas Wittl im Souffleurkasten und zeigte mit seiner ruhigen Art ein großes Einfühlungsvermögen, ob ein Spieler eine künstlerische Pause macht oder seine Unterstützung benötigt. Stimmige Masken von Monika Beer und Kostüme von Anna Weber komplettierten die gelungene Gesamtkomposition. Als unsichtbare Helferinnen kümmerten sich Sofia Boßle und Daniela Kreupl allzeit um die Bereitstellung der richtigen Requisiten. Für das fulminante Blitz- und Donnerwetter zu Beginn des Spiels und die perfekten Lichtstimmungen während des Stückes sorgte der für Licht- und Tontechnik zuständige Fabian Boßle. Regisseur Florian Feuerer erarbeitete mit den Darstellern für alle Rollen der „Verhexten Hex“ ein markantes Profil und inszenierte das Lustspiel von Ralph Wallner zum Jubiläumsjahr flott, witzig und spritzig.